Männerdomäne Fotografie?

Ja, man könnte tatsächlich auf den Gedanken kommen, dass Frauen sich diesem Hobby etwas weniger intensiv widmen. Vermeintliche Gründe sind da schnell genannt – die Techniklastigkeit, früher das Gewicht von Kameras und deren „komplizierte“ Bedienung, erforderliche Reisen etc.

Dass dem aber gar nicht so ist, zeigt ein interessanter Beitrag vom Fotomagazin, das in seinem Beitrag 10 interessante Fotografinnen vorstellt. Ich möchte gar nicht den Inhalt des Artikels wiederholen, aber vielleicht meinen persönlichen Eindruck vom Werk darstellen.

Anna Atkins (1799 – 1871)

Sie hat das erste Fotobuch herausgebracht, wie Dirk Primbs in seinem wunderbaren Podcast Fotomenschen berichtet. Ihre Bilder sind – der Zeit und verfügbarer Fototechnik geschuldet – Cyanotypien, mit denen sie ihre große Leidenschaft, die Botanik illustriert. 

Tina Modotti (1846 – 1942)

Den Blick ins Leben zeigt Tina Modotti ähnlich wie Gerda Taro, was die Aufnahmen bei DW zeigen. Dabei ist sie einfallsreich und kreativ im Umgang mit dem Motiv und konzentriert sich auf Details.

Dorothea Lange (1895 – 1965)

Was Artnet von Dorothea Lange zeigt, scheint mir mitten aus dem Leben gegriffen zu sein, spontane Schnappschüsse. Ihrer Zeit entsprechend in B&W mit Sepia-Abstufungen zeigen sie nicht mehr und nicht weniger als das Leben.

Lisette Model (1901 – 1983)

Bei Lisette Model bin ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob die Aufnahmen gestellt oder spontan sind, beides halte ich für möglich. Die Aufnahmen, die sich bei ICP finden, sind monochrom und erscheinen mir aus dem Blickwinkel von Kameras mit Lichtschachtsuchern zu kommen, immer leicht von unten. Models Bilder haben – so lässt es die Auswahl jedenfalls vermuten – einen Hang zum Dunklen und recht starken Hell-Dunkel-Kontrasten (Steilheit).

Lee Miller (1907 – 1977)

Bei Wikiart finden sich Beispiele von Lee Millers Arbeiten. Vermutlich der Zeit geschuldet in B&W zeigen sie im Wesentlichen sehr geplante Aufnahmen mit Studio-Charakter. Vermutlich hat sie mit ihren Bildern so manchen Anstoß erregt, weil sie auch durchaus nackte Haut präsentierte.

Gerda Taro (1910 – 1937)

Als „Erfinderin“ von Robert Capa, dem Begründer von Magnum, hat sie den Fotostil des Kriegsjournalismus mitgeprägt. Ihre Aufnahmen sind eingefrorene Zeitpunkte, Momente im Leben und im Krieg. Im Podcast Fotomenschen von Dirk Primbs gibt es hierzu wunderbare Beiträge zu Taro und Capa. In seinen Shownotes finden sich auch enorme Materialsammlungen.

Diane Arbus (1923 – 1971)

Portraits und Menschen im Allgemeinen sind Artnet nach das Metier von Diane Arbus. Im Wesentlichen B&W werden Personen gezeigt, wobei sich eine Bandbreite von Schnappschuss bis inszeniert darstellt. Trotz eines imperfektem Eindrucks ziehen die Bilder den Blick auf sich und haben eine eigenwillige Ästhetik. 

Hilla Becher (1934 – 2015)

Hilla Bechers Oeuvre ist architekturlastig, was Artnet zeigt. Auch ein Hang zu B&W ist klar erkennbar, auch wenn hier vermutlich nur ein kleiner Ausschnitt ihres Schaffens gezeigt wird. Bechers Aufnahmen sind präzise ausgerichtet, grafisch und weitestgehend menschenfrei. 

Cindy Sherman (1954)

Dass Cindy Sherman neben ihrer Profession als Fotografin auch Filmemacherin ist, erscheint mir durchaus schlüssig, wenn man sich Werke von ihr auf Artnet anschaut. Sie wirken (und sind es vermutlich auch) inszeniert und haben einen eigenen Charakter. 

Vollständig ist die Liste fotografierender Frauen selbstverständlich nicht, eine weitere Übersicht über Fotografinnen hat Fembio zusammengestellt. Auch wenn sich hier Namen wiederfinden, es sind auch diverse weitere interessante Künstlerinnen aufgelistet, wobei mir Vivian Maier mit ihren unglaublichen Aufnahmen in beiden Sammlungen noch fehlt.

Ich denke, man sollte sich durchaus mal die Zeit nehmen, den weiblichen Blick auf eine männerdominierte Welt für sich zu erobern.